Schule im digitalen Wandel: KI als Sparringpartner für moderne Bildung
- andreadibiase
- 8. Okt. 2024
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Dez. 2024
In einer Zeit rasanter digitaler Entwicklung steht unser bewährtes Bildungssystem vor der Herausforderung, traditionelle Werte mit innovativen Technologien in Einklang zu bringen. Die künstliche Intelligenz (KI) gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Doch eines muss von Anfang an klar sein: KI wird niemals das Zwischenmenschliche im Bildungsbereich ersetzen. Vielmehr sollte sie als Chance gesehen werden - als ein Sparringpartner, der Lehrpersonen und Schüler:innen in ihrem Bildungsauftrag unterstützt und ergänzt.
Die digitale Evolution im Klassenzimmer
Die technologische Entwicklung hat in den vergangenen Jahren auch vor den Toren unserer Schulen nicht Halt gemacht. Moderne Hilfsmittel wie Smartboards ergänzen die klassische Kreidetafel, Tablets finden ihren Weg in den Unterricht, und digitale Lernplattformen bereichern unsere bewährten Lehrbücher. In diesem Kontext kann KI eine sinnvolle Erweiterung unseres Bildungsangebots darstellen. Aber KI kann noch viel mehr … Inspiriert wurde ich für diesen Blogbeitrag übrigens vom Podcast: Schule im digitalen Wandel von Barbara Hochuli und Reto Trunz mit der Folge: Kein Weg vorbei an der KI?
Aktuelle Leistungsfähigkeit von KI im Bildungswesen
Bevor wir uns den Chancen und Herausforderungen widmen, ist es wichtig zu verstehen, was KI heute bereits im Bildungsbereich leisten kann. Die Technologie hat in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte gemacht:
Adaptive Lernprogramme: KI-gestützte Plattformen wie Knewton oder ALEKS können sich an das individuelle Lerntempo und den Wissensstand der Schüler anpassen. Sie bieten massgeschneiderte Aufgaben und Erklärungen, die sich dynamisch an die Leistung des Lernenden anpassen.
Automatisierte Bewertungssysteme: Programme wie Gradescope können nicht nur Multiple-Choice-Tests, sondern auch Freitextantworten und sogar handschriftliche Arbeiten automatisch bewerten. Dies spart Lehrpersonen wertvolle Zeit bei der Korrektur.
Chatbots und virtuelle Tutoren: KI-gestützte Assistenten wie Jill Watson an der Georgia Tech University können Studentenfragen beantworten und administrative Aufgaben übernehmen. Sie sind rund um die Uhr verfügbar und entlasten so das Lehrpersonal.
Inhaltsanalyse und -erstellung: KI-Systeme können Lehrmaterialien analysieren und kategorisieren, um Lehrern bei der Unterrichtsvorbereitung zu helfen. Einige Systeme können sogar Zusammenfassungen, Quizfragen oder einfache Lehrtexte generieren.
Frühwarnsysteme: KI-Algorithmen können Muster im Lernverhalten erkennen und frühzeitig auf mögliche Probleme oder Lernrückstände hinweisen, sodass Lehrpersonen rechtzeitig intervenieren können.
Sprachlernsysteme: KI-basierte Sprachlern-Apps wie Duolingo nutzen maschinelles Lernen, um den Lernprozess zu optimieren und die Aussprache zu verbessern.
Zugänglichkeitstechnologien: KI-gestützte Tools können Texte in Blindenschrift umwandeln, Untertitel in Echtzeit generieren oder komplexe Texte für Lernende mit besonderen Bedürfnissen vereinfachen.
Diese Anwendungen zeigen, dass KI bereits heute ein wertvoller Assistent im Bildungsbereich sein kann. Dennoch ist es wichtig zu betonen, dass diese Technologien als Ergänzung und nicht als Ersatz für qualifizierte Lehrkräfte und bewährte pädagogische Konzepte dienen.

Chancen der KI als Bildungspartner
Welche Chancen bieten sich nun konkret im Bildungsbereich:
Individualisierte Lernunterstützung: KI-Systeme können als zusätzliches Werkzeug dienen, um den Lernfortschritt jedes einzelnen Schülers zu analysieren und gezielte Förderempfehlungen zu geben. Dies ermöglicht es Lehrpersonen, ihre pädagogische Expertise noch effektiver einzusetzen und jeden Schüler gemäss seinen Fähigkeiten zu fördern.
Entlastung der Lehrkräfte: Durch die Automatisierung von Routineaufgaben wie der Korrektur standardisierter Tests können KI-Systeme wertvolle Zeit für die Lehrpersonen freisetzen. Diese gewonnene Zeit können die Pädagogen nutzen, um sich intensiver der individuellen Betreuung und Förderung ihrer Schüler:innen zu widmen.
Ergänzung klassischer Lehrmethoden: Virtuelle Realität und KI-gestützte Simulationen bieten die Möglichkeit, den traditionellen Unterricht um anschauliche Erfahrungen zu bereichern. So können beispielsweise historische Ereignisse lebendig nachempfunden oder komplexe naturwissenschaftliche Prozesse veranschaulicht werden, ohne dabei den Wert des klassischen Unterrichts zu schmälern.
Unterstützung bei der Inklusion: KI kann als Hilfsmittel dienen, um Lerninhalte für Schüler mit besonderen Bedürfnissen zugänglicher zu machen. Dies unterstützt das wichtige Ziel der Chancengleichheit in unserem Bildungssystem, ohne die Notwendigkeit persönlicher Betreuung und Förderung zu ersetzen.
Ergänzendes Feedback: KI-Systeme können als zusätzliche Informationsquelle dienen, um Lernfortschritte zu überwachen. Dies ermöglicht es Lehrpersonen, ihre pädagogische Einschätzung durch objektive Daten zu ergänzen und so noch zielgerichteter zu fördern.
Herausforderungen und Überlegungen
Trotz der vielversprechenden Möglichkeiten gilt es, den Einsatz von KI im Bildungsbereich sorgfältig und kritisch zu betrachten:
Bewahrung traditioneller Fähigkeiten: Beim Einsatz von KI im Unterricht muss darauf geachtet werden, dass grundlegende Fähigkeiten wie kritisches Denken, Kreativität und soziale Kompetenz weiterhin gefördert werden. Diese Kernkompetenzen sind entscheidend für den persönlichen und beruflichen Erfolg unserer Schüler.
Datenschutz und Privatsphäre: Der Schutz persönlicher Daten muss oberste Priorität haben. Es gilt, klare Richtlinien für die Erhebung, Speicherung und Nutzung von Schülerdaten zu etablieren, die im Einklang mit unseren Werten und Gesetzen stehen.
Ethische Leitlinien: Es bedarf klarer ethischer Richtlinien für den Einsatz von KI im Bildungsbereich. Entscheidungen, die das Wohl und die Zukunft unserer Kinder betreffen, müssen stets von Menschen getroffen werden, nicht von Algorithmen.
Qualitätssicherung: Die Zuverlässigkeit und Qualität der eingesetzten KI-Systeme muss kontinuierlich überprüft und sichergestellt werden. Nur so können wir gewährleisten, dass die Technologie tatsächlich einen Mehrwert für unsere Bildung darstellt.
Lehrerfortbildung: Um KI sinnvoll in den Unterricht zu integrieren, benötigen unsere Lehrkräfte entsprechende Schulungen. Diese sollten darauf abzielen, die Technologie als unterstützendes Werkzeug zu nutzen, ohne dabei die Kernkompetenzen der Pädagogik zu vernachlässigen.
Wie KI in 10 Jahren unser Bildungswesen bereichern wird
Blicken wir zehn Jahre in die Zukunft, so zeichnet sich ein Bildungswesen ab, das durch den verantwortungsvollen Einsatz von KI bereichert, aber nicht dominiert wird - so das Fazit von Peter Riegert, Dozent an der PH Luzern. Die Frage wird nicht mehr sein, ob KI in unseren Schulen Einzug hält, sondern wie wir ihre Potenziale optimal nutzen, um unsere bewährten pädagogischen Konzepte zu ergänzen und zu stärken.
Personalisiertes Lernen als Standard: KI-gestützte Systeme werden es ermöglichen, dass jeder Schüler einen individuell angepassten Lernplan erhält, der sich kontinuierlich an seine Fortschritte und Bedürfnisse anpasst. Lehrpersonen werden dadurch in die Lage versetzt, ihre Zeit noch gezielter für persönliche Betreuung und Förderung einzusetzen.
Erweiterte Realität im Klassenzimmer: Der Einsatz von KI in Verbindung mit Augmented- und Virtual Reality wird abstrakte Konzepte greifbar machen. Schüler werden durch virtuelle Welten reisen, historische Ereignisse hautnah erleben und komplexe wissenschaftliche Prozesse interaktiv erforschen können.
KI als pädagogischer Assistent: Fortschrittliche KI-Systeme werden Lehrer bei der Unterrichtsvorbereitung, der Erstellung von Lehrmaterialien und der Bewertung von Schülerleistungen unterstützen. Dies wird den administrativen Aufwand reduzieren und mehr Raum für kreative und interaktive Lehrmethoden schaffen.
Frühzeitige Förderung und Intervention: KI-basierte Analysewerkzeuge werden es ermöglichen, Lernprobleme oder besondere Begabungen frühzeitig zu erkennen. Dies wird eine noch gezieltere Förderung und Unterstützung der Schüler ermöglichen, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Lebenslanges Lernen neu gedacht: KI wird die Grenzen des traditionellen Klassenzimmers erweitern. Flexible, KI-gestützte Lernplattformen werden es Schüler:innen ermöglichen, auch ausserhalb der Schule ihren Interessen nachzugehen und ihr Wissen zu vertiefen.
Ethik und digitale Kompetenz im Fokus: Der verantwortungsvolle Umgang mit KI und die Förderung digitaler Kompetenzen werden zentrale Bestandteile des Lehrplans sein. Schüler werden lernen, KI-Systeme kritisch zu hinterfragen und ethisch zu nutzen.
Trotz dieser tiefgreifenden Veränderungen wird der Kern unseres Bildungswesens unverändert bleiben: Die Lehrer-Schüler-Beziehung, die Vermittlung von Werten und die Förderung sozialer Kompetenzen werden weiterhin im Mittelpunkt stehen. KI wird als leistungsfähiger Sparringpartner fungieren, der unsere Pädagogen unterstützt und es ihnen ermöglicht, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – die Bildung und Erziehung unserer Kinder zu verantwortungsvollen, kritisch denkenden und empathischen Menschen.
Die Herausforderung der kommenden Jahre wird darin bestehen, diesen Wandel aktiv und zum Wohle unserer Schüler zu gestalten. Indem wir die Vorteile der KI nutzen und gleichzeitig unsere bewährten Bildungskonzepte und zwischenmenschlichen Beziehungen pflegen, können wir ein Bildungssystem schaffen, das unsere Schüler optimal auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet und dabei unsere gesellschaftlichen Werte bewahrt.
Meine Meinung
Die Frage ist nicht, ob KI Einzug in unsere Schulen hält, sondern wie wir sie verantwortungsvoll und im Einklang mit unseren Werten einsetzen können. Es liegt an uns, diesen Wandel aktiv und zum Wohle unserer Kinder und Jugendlichen zu gestalten. Dabei gilt es, die Vorteile der Technologie zu nutzen, ohne bewährte Bildungskonzepte und zwischenmenschliche Beziehungen zu vernachlässigen. So können wir eine Bildung gewährleisten, die unsere Schüler bestmöglich auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet und gleichzeitig unsere gesellschaftlichen Werte bewahrt.
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Liebe Frau Di Biase. Digitalisierung betrifft uns alle und ist gegenwärtig in unserem Alltag, nicht nur in der Schule. Nur: Viele Lehrpersonen scheinen sich gegen Erneuerungen und vorallem Digitalisierung zu wehren. Die Lehrerin meiner Tochter schreibt immernoch Zettel für den Elternabend anstatt einen Doodle zu schicken. Dies nur ein Beispiel. Gerade in der Bildungsbranche ist Dein Mindset super wichtig und richtig!
S.P. aus Pfäffikon