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Generationenaustausch in der Schule: Wie können junge Erwachsene und Senioren voneinander lernen?

  • andreadibiase
  • 28. Nov. 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 22. Dez. 2024

"Ich lerne jeden Tag von den jungen Menschen und gebe meine Lebenserfahrung weiter. Das hält mich jung!", sagt Hans Meier (72), der seit drei Jahren als Zeitzeuge Geschichte in Schulklassen lebendig werden lässt. Wie er haben viele Seniorinnen und Senioren den Wert des Generationenaustauschs erkannt. Denn wer aktiv bleibt und mit jungen Menschen in Kontakt steht, profitiert in vielerlei Hinsicht. Die Schule als Begegnungsort bietet dabei den idealen Rahmen: Sie ist fest in der Gemeinde verankert, verfügt über die nötige Infrastruktur und ermöglicht regelmässige, gut organisierte Treffen zwischen den Generationen.


Was bedeutet Generationenaustausch?


Generationenaustausch bedeutet weit mehr als nur das Zusammentreffen verschiedener Altersgruppen. Es geht um einen aktiven Dialog, gegenseitiges Verständnis und das Weitergeben von Wissen und Erfahrungen in beide Richtungen. Während ältere Menschen ihren reichen Erfahrungsschatz aus Berufs- und Privatleben einbringen können, begeistern junge Menschen mit ihrer natürlichen Affinität zur digitalen Welt und ihrer frischen Sicht auf aktuelle Themen.


Weshalb ist Generationenaustausch wichtig?


In einer Zeit, in der Familien oft weit voneinander entfernt leben und der direkte Kontakt zwischen den Generationen abnimmt, schafft der organisierte Austausch wichtige Begegnungsmöglichkeiten. Ältere Menschen bleiben aktiv und am Puls der Zeit, während junge Menschen von Lebenserfahrung und praktischem Wissen profitieren. Diese Begegnungen fördern gegenseitigen Respekt und bauen Vorurteile ab. Wissenschaftliche Studien belegen zudem, dass regelmässiger Kontakt mit jungen Menschen das geistige und körperliche Wohlbefinden im Alter fördert.


Erfolgreiche Generationenprojekte in der Schweiz


Die Schweiz ist Vorreiterin, wenn es um innovative Projekte im Bereich des Generationenaustauschs geht. Landesweit haben sich verschiedene Initiativen etabliert, die Jung und Alt zusammenbringen. Diese Projekte zeigen eindrücklich, wie bereichernd der Austausch zwischen den Generationen sein kann und wie beide Seiten voneinander profitieren. Hier stelle ich Ihnen eine Auswahl erfolgreicher kurz Projekte vor:


Generationen-Jass (Migros-Kulturprozent)

Der Generationen-Jass vom Migros-Kulturprozent organisiert regelmässige Jass-Nachmittage in Schulen und Begegnungszentren. Dabei bringen Senioren Jugendlichen das traditionelle Schweizer Kartenspiel bei, was nicht nur den Austausch fördert, sondern auch mathematisches Denken und strategische Fähigkeiten schult.


CompiSternli (Schweizweit)

Bei CompiSternli, einem schweizweiten Projekt, unterrichten Schülerinnen und Schüler Seniorinnen und Senioren im Umgang mit Computer und Internet. Dieser Rollentausch fördert das Selbstbewusstsein der Jugendlichen, während die Senioren von geduldiger 1:1-Betreuung durch die "Digital Natives" profitieren.


Generationen im Klassenzimmer (diverse Kantone)

Das Projekt "Generationen im Klassenzimmer" ist in diversen Kantonen aktiv. Hier unterstützen Pensionierte die Lehrpersonen im Unterricht, helfen bei Einzelbetreuung, Leseförderung und Projektarbeiten. Sie bringen dabei ihre Lebenserfahrung ein und haben Zeit für individuelle Förderung.


Zeitreise (Kanton Zürich)

Im Kanton Zürich ermöglicht das Projekt "Zeitreise" Zeitzeugen, in Schulklassen von früher zu berichten. Themen wie Schulalltag, Arbeitswelt oder Kriegszeit werden dadurch lebendig vermittelt, oft verbunden mit Ausstellungen von historischen Gegenständen.


Generationen-Garten (mehrere Gemeinden)

In mehreren Gemeinden existieren Generationen-Gärten, wo Jung und Alt gemeinsam Schulgärten bewirtschaften. Die Senioren geben ihr Wissen über Pflanzen und nachhaltige Landwirtschaft weiter, und die Ernte wird zusammen verarbeitet und verkostet.


Geschichten-Werkstatt (Pro Senectute)

Die Geschichten-Werkstatt der Pro Senectute bringt Senioren und Schüler zum gemeinsamen Geschichtenschreiben zusammen. Biografisches Arbeiten trifft hier auf moderne Erzählformen, und die Resultate werden oft in Buchform oder digital veröffentlicht.


Handwerks-Tandems (Berufsschulen)

An Berufsschulen entstehen Handwerks-Tandems, bei denen pensionierte Handwerker Lernende begleiten. Sie vermitteln traditionelle Techniken und Berufsethik und unterstützen bei praktischen Arbeiten.


Generationen-Chor (verschiedene Städte)

In verschiedenen Städten vereinen Generationen-Chöre Jung und Alt zum gemeinsamen Singen. Das Repertoire reicht von traditionellen bis zu modernen Liedern, und die Chöre treten regelmässig öffentlich auf.


Senioren im Klassenzimmer (WIN3)

Das Programm "Senioren im Klassenzimmer" (WIN3) ist in mehreren Kantonen etabliert. Pensionierte unterstützen hier regelmässig im Unterricht mit Fokus auf individuelle Förderung und Wissensvermittlung.


Digital Seniors (Städte und Gemeinden)

Digital Seniors ist in verschiedenen Städten und Gemeinden aktiv. Jugendliche bieten Smartphone- und Tablet-Kurse für Senioren an, es gibt regelmässige Treffen im "Digital-Café" und praktische Hilfe bei Apps und Online-Diensten.


Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten


Der Generationenaustausch mit Schülerinnen und Schülern schafft eine klassische Win-Win-Situation: Seniorinnen und Senioren bleiben geistig aktiv, knüpfen soziale Kontakte und erleben die Dankbarkeit der jungen Generation. Die Schülerinnen und Schüler wiederum profitieren von wertvollen Erfahrungen, praktischem Wissen und zusätzlicher Aufmerksamkeit durch erfahrene Erwachsene.


Ob solche Begegnungen in und von der Schule organisiert werden sollen oder ob andere Institutionen wie Pro Senectute, Vereine oder private Initiativen diese Aufgabe übernehmen, sei dahingestellt. Entscheidend ist, dass die Begegnungen zwischen Jung und Alt in einem geschützten, strukturierten Rahmen stattfinden und professionell begleitet werden. So entstehen nachhaltige, positive Erfahrungen für alle Beteiligten.


"Seit ich mit Schülerinnen und Schülern zusammenarbeite, habe ich nicht nur neue Freundschaften geschlossen, sondern auch gelernt, wie man WhatsApp benutzt", schmunzelt Ruth Weber (68). Die pensionierte Gärtnerin ist eine von vielen Seniorinnen und Senioren, die den Schritt zum Generationenaustausch gewagt haben - und ihn nicht bereuen.



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Quellen:

  • Bundesamt für Statistik (2023): "Generationenbeziehungen in der Schweiz"

  • Pro Senectute Schweiz (2023): "Jahresbericht Generationenprojekte"

  • Migros-Kulturprozent (2023): "Evaluation Generationen-Jass"

  • Bildungsdirektion Kanton Zürich (2023): "WIN3 - Zwischenbericht"

  • Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (2022): "Generationenbeziehungen heute"

  • Nationales Forschungsprogramm NFP 52 "Kindheit, Jugend und Generationenbeziehungen" (Zusammenfassung der Ergebnisse)

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